Das Märchen vom Fenster

Hmmm...durch ein Märchen soll der Leser ja indirekt immer auf ein Problem oder ähnliches hingewiesen werden, deshalb stell ich hier heute mal ein kleines Märchen rein, das ich in einem Buch gefunden habe und mir noch nicht so vollkommen im Klaren darüber bin, was es mir sagen soll.

Das Märchen vom Fenster

Es war einmal ein Fenster. Sein Glas schien durchsichtig und war ziemlich dünn. Der Kitt in den Fugen zwischen Rahmen und Glas war weicht und etwas wenig, der Rahmen ungreifbar.
Es dauerte nicht lange, das rissen die Menschen das Fenster auf und schlugen es zu. Plötzlich fiel ein Teil der Scheibe heraus. Das wurde so schnell wie möglich mit Pappa ersetzt. Pappe ist besser als sein Ruf: zwar undurchsichtig, aber auch undurchlässig und vor allem unzerbrechlich. Später wurden diesem Fenster andere ganze Glasfenster vorgehalten: "Schau mal, der oder die ist nicht von Pappe." Ein andere Teil bekam schon in ganz jungen Jahren Sprünge. Das wurde zunächst interessant gefunden. Später störte es die andern zusehends und das Fenster selbst natürlich auch.
In einen weiteren Teil wurde ein Stein geworfen, es bekam auf einmal ein Loch. Man ließ es so. Scheibe raus, neue rein, wozu? Durch das Loch pfiff der Wind, und es ließ sich gut hindurchspucken. Einmal schnitt sich jemand an seiner Öffnung und blutete, da wurde es überklebt. Das gab Halt. Wenn man einem Kind den Mund zuklebt, stabilisiert das seine Gesichtszüge. Scheibenkleister.
Auf einen noch heilen Fensterteil kackte ein Vogel, natürlich unabsichtlich. Er muss sich fürchterlich erschrocken haben, als er mit seinem spitzen Schnabel anstieß. Wer könnte er gewesen sein?
Später hieß es dann: "Halt den Schnabel!" An dieser Stelle bekam das Fenster einen blinden Fleck. Der blieb auch, nachdem Regen und wind sich freundlich zusammengetan hatten, die Vogelschieße abzuwaschen. Der Regen lockerte rhythmisch trommelnd auf. Der auf und ab singende Wind wusch sie sanft ab. Einem Kinderpopo könnte nichts Liebevolleres geschehen. Wen wundert's, dass es zu den schönsten Fenstererinnerungen gehört? Der Regen, der Wind und das Fenster, die drei sangen zusammen. Wenn der Wind alleine ein Wiegenlied summte, dann schimmerte das Fenster und sein blinder Fleck leuchtete. Wenn der Regen ungestört ein Liebeslied plätscherte, erklirrte es so stark, dass es um sein Fensterleben fürchtete.
Später hörte das Fenster nur noch Weihnachts- oder Abschiedslieder. Sein Kitt begann, kaum hart, schon bröselig zu werden und unaufhaltsam zu bröckeln. Jetzt, da es erstmals leben wollte, da spürte es, wie es mit ihm im Nu zu Ende ging. Jemand muss es ausgewechselt haben. Es gibt nur noch Scherben:
- eine Scherbe zum Schaben, sehr nützlich!
- eine Scherbe zum Schneiden, Vorsicht!
- keine Scheibe zum Durchschauen; denn der Rest kam in den Container für Weißglas (eigentlich nur für Flaschen) zum Recycling. Das sind ja Aussichten.
Wenn es wieder auf die Welt kommt, möchte das Fenster ein Brennglas werden - oder die Scheibe eines Feuermelders. Ist das wirklich alles? Nein, es möchte eigentlich der Alarmknopf hinter der Scheibe vom Feuermelder werden. Oder - wenn das nicht zuviel verlangt ist - das Feuer selbst, aber eins, das wärmt.


Was denkt ihr darüber ?

Dieser Beitrag wurde von Julschn: 24 Oct 2005, 07:27 bearbeitet

Nunja, da kann man nur sagen, dass dieses wunderbare Material für uns soviel tut und eigentlich mehr Beachtung verdient.

Ersetze Fenster durch Kind und Scheibe durch Charakter.

kleine bemerkung am rande:

pappe ist leider nicht undurchlässig! und kann man bei diesem werkstoff überhaupt von BRECHEN reden!?

eDit: ziemlich traurig und tiefsinnig, aber zwischendurch auch wieder recht komisch (wenn der normale Redefluss unterbrochen wird von scheinbar belanglosen aber wahrhaftigen und belehrenden Details)...

Dieser Beitrag wurde von sQeedy: 25 Oct 2005, 15:32 bearbeitet

Ich versteh aber noch nich warum ES als Feuermelderscheibe wiedergeboren werden will oder als Feuermelderknopf

Dieser Beitrag wurde von Julschn: 25 Oct 2005, 15:41 bearbeitet

um nützlich zu sein? also als feuermelder wäre die scheibe ja sehr wichtig ...

hm. als fenster hatte es ja auch seinen nutzen... aber in der feuermeldescheibe sehe ich eindeutig einen bedeutungsgewinn. richtig wäre demnach: nützlicher

und warum dann die letztendliche Steigerung zum WÄRMENDEN FEUER????

wie du schon richtig sagst: letztendlich, das feuer ist quasi am wichtigsten - es spendet anderen wärme, man kann es zum kochen verwenden...

nunja die betonung auf wärmendes feuer seh ich als hinweis, dass es jetzt halt kalt ist ... es will einfach mehr wärme ... kann man jetzt aufs zwischenmenschliche beziehen

Nein Mann, das Fenster ist immer irgendwie kaputtgegangen. Das hat Glas einfach mal so an sich. Jede normale Scheibe wird dreckig oder bekommt mal einen Sprung, oder wird mal von einem Stein getroffen usw. Aber dieses Kaputtgehen ist ja nicht gewollt gewesen. Da dachte sich die Scheibe: "Na wenn es schon so ist, das Scheiben kaputtgehen, dann möchte ich wenigstens nicht sinnlos kaputtgehen." Bei einem Feuermelder ist das Zerstören der Scheibe zwingend notwendig, um den Sinn des Feuermelders zu erfüllen, nämlich ein Feuer zu melden.
Die Scheibe hatte also einfach nur den Wunsch nach einem sinnerfülltem Leben und einem nicht sinnlosem Tod.

In diesem Sinne: Ich wär so gern wie sie, ich wär so gern wie er, ich wär so gern jemand anderes...

und ich denk du hastes nich verstanden ... ließ ma genauer (meine meinung)

Äääää ... ich geh zwar in der Beziehung auch nicht ganz konform mit VTOL, auch wenn die Geschichte schon etwas mit Sinnsuche zu tun hat, dies aber nicht der Hauptaspekt ist (meiner Meinung nach).

Aber WO hast du deine Meinung geschrieben Julschn?

Sie weiß noch nicht genau, was sie davon halten soll (siehe Anfangspost), aber dafür schonmal, was es nicht heißen soll.