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Vollständige Version anzeigen: sQeedys Wissenschaftsecke
sQeedy
Wissenschaft ist eine Wissenschaft die Wissen schaft... oder so ähnlich. Doch welches Wissen wird heutzutage denn geschaffen? Mit diesem Thread möchte ich die ökologische Nische des wissenschaftlichen "bloggens" auf eXma besetzen und euch, die ihr an einer (hauptsächlich) naturwissenschaftlichen Universität studiert die aktuellen Erkennisse aus den Naturwissenschaften (und Randbereichen) etwas näher bringen.

Wer's interessant findet mag auch gern kommentieren oder PM schreiben. Ich bitte jedoch *hust* sinnfreie Kommentare *hust* zu unterlassen. Danke!

Desweiteren möchte ich drauf hinweisen, dass ich weder ein Verlag bin, von dem regelmäßige Ausgaben zu erwarten sind, noch, dass ich in irgendeiner Art und Weise objektiv schreibe. Was hier steht sei meine Meinung und mehr nicht. Auch schreibe ich hier nur über Sachen, die ICH interessant finde und nicht über jeden Sch**** der eben so aktuell ist.

In diesem Sinne: Frohes Lesen!
sQeedy
Heute mal 2 Beiträge, weil ich ein wenig gesammelt hatte:

#1: von sonnenbeschienenen Strand der Virologie

Retrovirus könnte Erschöpfungssyndrom auslösen

8.10.2009

Zitat
Das chronische Erschöpfungssyndrom (CFS) hängt offenbar mit der Anwesenheit des Retrovirus XMRV (Xenotropic murine leukaemia virus-related virus) im Körper zusammen, meinen Vincent Lombardi vom Whittemore Peterson Institute in Reno, USA, und seine Kollegen. Sie entdeckten den Erreger nun in den Blutzellen von mehr als zwei Dritteln der darauf untersuchten Patienten mit CFS (Chronic Fatigue Syndrome). Nur 3,7 Prozent der Gesunden tragen das Virus.

Das menschliche Gammaretrovirus steht bereits unter dem Verdacht, verschiedene Krebserkrankungen hervorzurufen. Die Wissenschaftler zeigten weiter, dass XMRV aus Patienten andere Zellen infizieren sowie Immunreaktionen auslösen kann. Es sei unklar, ob der Erreger tatsächlich zum Erschöpfungssyndrom beiträgt; die auffallende Häufigkeit des Virus in Erkrankten lege dies jedoch nahe, so die Forscher.

Das chronische Erschöpfungssyndrom ist eine in weiten Teilen noch schlecht erforschte Krankheit, die unter anderem mit lang anhaltenden geistigen und körperlichen Erschöpfungszuständen, Schmerzen und nachlassender Hirnleistung einhergeht. Die Ursachen sind unbekannt, vermutet werden etwa Infektionen mit Epstein-Barr-Viren, infektionsbedingte Hormonstörungen, Zelldefekte, chronische Borreliose, psychosomatische oder psychosoziale Störungen oder Umweltbelastungen.

Das krankheitserregende Potenzial von XMRV bleibt unbekannt, aber bedrohlich, kommentieren John Coffin von der Tufts University in Boston und Jonathan Stoye vom National Institute for Medical Research in London. Mit XMRV verwandte Gammaretroviren sind allerdings bereits als gefährliche Erreger verschiedener Krankheiten entlarvt worden. Womöglich sind auch die in Gesunden - schätzungsweise zehn Millionen Menschen weltweit - vorkommenden Viren ein bislang unterschätzter Auslöser verschiedener Krankheiten, spekulieren die Kommentatoren.


Durchaus interessant, vor allem, da die Durchseuchungsrate der Bevölkerung relativ hoch zu sein scheint und es noch nicht einmal Symptome geben muss, wenn man das kleine Biest in sich trägt. Hoffentlich bedenken die Leute aber auch, dass die hohe Infektionsrate bei CFS-Patienten auch mit dem geschwächten Immunsystem erklärt werden kann, was die klassische Huhn-Ei-Frage aufwirft. Was war also zuerst da? Ist XMRV einer der Faktoren, welche zu CFS führen können oder nur eine Begleiterscheinung?

Interessant dazu: 2006 stand "Stress" als ein psychischer Faktor für CFS zur Debatte:

Stress löst chronisches Erschöpfungssyndrom aus

07.11.2006

Zitat
Stress, emotionale Instabilität und traumatische Kindheitserfahrungen vervielfachen die Wahrscheinlichkeit, Jahre später am chronischen Erschöpfungssyndrom zu erkranken, so das Resultat zweier aktueller Studien. [...] Beide Studien bestätigen damit im Ergebnis die Vermutung, dass Betroffene infolge außergewöhnlicher Belastungen erkranken, die vom Gehirn nicht ausreichend verarbeitet werden konnten.

Christine Heim und ihre Kollegen von der Emory-Universität in Atlanta befragten 43 Personen, die am chronischen Erschöpfungssyndrom (CFS, Chronic fatigue syndrome) erkrankt waren, nach traumatischen Erlebnissen wie sexuellem, körperlichem oder psychischem Missbrauch während ihrer Kindheit. Wie sich herausstellte hatten unter den CFS-Kranken deutlich mehr Menschen einst unter traumatischen Erlebnissen gelitten als in der etwa gleich großen Vergleichsgruppe.

Nach Aussage der Autoren steigt das Risiko, im Erwachsenenalter die verschiedenen Symptome der Krankheit zu entwickeln, je nach Schwere des erlittenen Traumas um mehr als das Dreifache an. Bei bestimmten Formen traumatischer Erfahrung konnte sogar ein achtfach höheres Krankheitsrisiko festgestellt werden. Neben organischen Ursachen kämen deshalb auch psychische Faktoren als Auslöser für die Krankheit in Frage, so die Forscher. Möglicherweise führe nicht verarbeiteter Stress, wie er durch die einschneidenden Vorfälle während der Kindheit entsteht, zu Veränderungen im Gehirn der Betroffenen, die den Ausbruch von CFS begünstigten.


So weit so gut, doch jetzt wird es interessant:

Zitat
Allerdings zeigte sich auch, dass nicht alle, die am chronischen Erschöpfungssyndrom erkrankt waren, entsprechende traumatische Erfahrungen durchlebt hatten. Auslösemechanismen, die in diesem Fall eine Rolle spielen könnten, nahmen Forscher um Nancy Pedersen vom Karolinska-Institut in Stockholm genauer unter die Lupe. In ihrer Studie mit insgesamt rund 9500 Zwillingspärchen untersuchten sie, wie die Persönlichkeitsstruktur und das Ausmaß von Stress, dem sich die einzelnen Teilnehmer Jahre vor Ausbruch der Krankheit ausgesetzt sahen, mit dem späteren Auftreten von CFS zusammenhingen. Möglich machte dies ein Fragebogen, der in den Jahren 1972 und 1973 an die Zwillinge verschickt wurde und auf dessen Daten die Forscher zurückgreifen konnten.

Wer sich damals als von Stress geplagt sah, hat heute ein um etwa 65 Prozent erhöhtes Risiko, Symptome des Erschöpfungssyndroms zu entwickeln. Bei wem die Forscher auf Grund seiner Angaben eine Persönlichkeitsstörung mit emotionaler Instabilität annahmen, begegnet heute einer um bis zu 72 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit, an verschiedenen Formen des CFS zu erkranken.

Auch der Vergleich der Zwillinge untereinander eröffnete neue Einblicke, insbesondere in die genetischen Faktoren der Krankheit: So ließ sich zeigen, dass eine günstige genetische Veranlagung das Risiko verringern kann, auf Grund von Stress an CFS zu erkranken. Fördert jedoch die genetische Ausstattung die Ausbildung einer Persönlichkeitsstörung, ist die Fähigkeit, mit Stress umzugehen, in der Regel ebenfalls herabgesetzt - in der Folge leiden diese Personen besonders häufig an Phasen anhaltender Erschöpfung.

[...]


Was haben wir allein durch diese 2 Erkenntnisse an Faktoren für CFS zusammen? Genetik, Psyche, Physis und Krankheitserreger. Deckt doch schon so ziemlich alles ab. Bleibt abzuwarten was denn noch so rausgefunden wird. Demnächst vielleicht mit Massen-Gentests von Betroffenen? Jedenfalls scheint es noch ein langer Weg zu sein, angesichts einer derart diffusen Ursachen- und Krankheitsbilder-Wolke.
sQeedy
und nun #2: aus den frisch erbauten Hallen der Metagenomik:

Windschutzscheiben zeigen Artenvielfalt

08.10.2009

Zitat
Die für Autofahrer lästigen Flecken auf ihren Frontscheiben beinhalten wertvolle DNA-Proben des örtlichen Insektenlebens. Dies vermuteten Bioinformatiker um Anton Nekrutenko von der Pennsylvania State University und zeigten, dass die so gewonnenen Daten tatsächlich Rückschlüsse auf die regionale Artenvielfalt erlauben. Da es zunehmend möglich ist, Erbmaterial vollautomatisch zu lesen und Abschnitte bekannter Spezies zu finden, ließe sich nach Ansicht der Forscher mit dieser Methode die Verbreitung kleiner Arten schnell und in großen Gebieten verfolgen.

Auf zwei je rund 500 Kilometer langen Fahrten durch verschiedene Regionen der USA sammelten die Forscher Insekten mit Hilfe von Klebstreifen auf der Fronthaube. Anschließend lösten sie die gefangenen Flugtierchen auf, isolierten die enthaltenen DNA-Stränge und ließen die Probe in einem Labor auslesen. Die Daten der unzähligen gefundenen Strangstücke verglichen sie mittels einer von ihnen geschriebenen Software mit dem Erbgut bekannter Spezies.

In den Ergebnissen ließen sich einige eindeutige Unterschiede zwischen den durchfahrenen Regionen ablesen. So fanden sich wie erwartet entlang der amerikanischen Ostküste wesentlich mehr Anopheles-Mücken als auf der Fahrt ins kühlere Kanada. Zusätzlich identifizierte der Computer auch etliche Bakterien und andere Mikroorganismen in den Proben. Gerade hier bewies die Methode eine Stärke: Da innerhalb einer Artfamilie große Teile des Erbguts gleich sind, ließ sich so die Grundstruktur des regionalen Mikrobenlebens schnell abschätzen, ohne alle Arten einzeln betrachten zu müssen. Bisher sei die Zahl der Spezies mit bekanntem Erbgut jedoch noch zu gering, so Nekrutenko, als dass die Methode eine genaue Artenstatistik liefern könnte.

Viele Wissenschaftler sehen wie Nekrutenko eine große Zukunft für die Metagenomik. Dieser neue Bereich der Biologie will mit automatischen Methoden das Erbgut der Arten ganzer Lebensräume katalogisieren und so einen tieferen Einblick in deren Beziehungen und Vielfalt gewinnen. Gerade bei Kleinstlebewesen und Insekten ist dieser Ansatz viel versprechend, denn diese kommen in Millionen von Unterarten vor, die sich kaum durch einfaches Beobachten erfassen lassen.


Ich finde das kann man fast so für sich stehen lassen. Ich finde es witzig, dass man vielleicht in naher Zukunft mit einem "Kescher" durch die Botanik fährt und alles was Kreucht und Fleucht einfängt, um schließlich eine genetische Karte der Lebewesen dieses Gebietes zu bekommen. Ob man mit dieser Fülle an Daten überhaupt etwas sinnvolles anfangen kann? Trägt dies u.U. dazu bei den Klimawandel besser beobachten zu können? Artensterben zu überwachen? Oder generell einfach nur Neugierde?
Zumindest wird es die Metagenomik weiter voranbringen, neue und verbesserte Methoden hervorbringen und sicherlich neue Erkennisse über Lebewesen bringen, die man eben sonst nur als lästigen Fliegendreck auf der Windschutzscheibe kennt.
sQeedy
noch ein kleiner Nachtrag, weil es doch recht... groß... ist:

Ein neuer Ring

[attachmentid=27271]

Zitat
Nahe der Umlaufbahn des äußeren Saturnmondes Phoebe erstreckt sich ein wahrhaft gigantisches Gebilde: Es hat einen Außendurchmesser von rund 24 Millionen Kilometern, ist fünf Millionen Kilometer breit und besitzt eine vertikale Ausdehnung von 2,4 Millionen Kilometern. Allerdings ist dieser Staubring enorm dünn und seine Partikel erscheinen im sichtbaren Licht sehr dunkel. So bleibt er unseren Augen für gewöhnlich verborgen.

Erst nach langen Belichtungszeiten im Infraroten lässt er sich nachweisen - so wie nun vom Weltraumteleskop Spitzer. Wären unsere Augen auch in diesem Spektralbereich empfindlich, würde sich Saturn wie oben dargestellt am Himmel präsentieren: Der riesige Phoebe-Ring degradiert den majestätischen Planeten zu einem kleinen Fleck im Zentrum. Das Bild ist eine Computersimulation und stellt den Ring sehr viel heller als Saturn selbst dar.

Anne Verbiscer und Kollegen von der University of Virginia in Charlottesville
sQeedy
Wir schmecken Mineralwasser mit Sauer-Sinneszellen

Erstaunlich was immer noch unbekannt ist. Erst kürzlich fanden Charles Zuker vom Howard Hughes Medical Institute und seine Kollegen heraus, dass wir CO2 in Mineralwasser (und angereicherter Luft) mit unseren Sauer-Sinneszellen schmecken. Der genaue Mechanismus gründet sich dabei auf ein Enzym, welches das CO2 zusammen mit Wasser in Bicarbonationen (HCO3-) und Protonen umwandelt und so den pH-Wert durch die freigesetzten Protonen in der Umgebung senkt. Diese Änderung wird wiederum durch die Sauer-Sinneszelle erkannt und in ein entsprechendes Geschmackserlebnis umgesetzt. Spekuliert wird auch, weshalb wir überhaupt CO2 schmecken. Evolutionsgeschichtlich betrachtet könnte es sein, dass das oben erwähnte Enzym früher nur für den pH-Haushalt der Zelle verantwortlich war und sich erst im Laufe der Zeit ein evolutionärer Vorteil ausgebildet hat, CO2 zu schmecken. So konnten unsere Säugervorfahren sich irgendwann freuen gärende oder verdorbene Nahrung schon schnell am Geschmack zu erkennen.
Für das echte Sprudelgefühl in Mineralwasser reicht ein Säuregeschmack alleine aber nicht aus: CO2 aktiviert auch somatosensorische Systeme, die als Prickeln wahrgenommen werden und zusammen mit dem sauren Geschmack die typische Sensation von Selters und Sodawasser ergeben.

Prost!

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sQeedy
ohne Worte und leicht gekürzt zitiert rolleyes.gif

Ein Sommerloch-Bericht 2007

Zitat
Windelinhalt wächst in den ersten Wochen

Mit Hilfe von Baby-Stuhlgang konnten kanadische Forscher die bis dato nur ärgerlich lückenhaft bekannte bakterielle Besiedlungsgeschichte menschlicher Enddärme rekonstruieren. Die Forscher hatten zu diesem Zweck die natürliche Darm-Diversität gutartiger Bakterien in 14 neugeborenen kalifornischen Probanden anhand von jeweils rund 26 Stuhlproben untersucht, die sie von der allerersten Enddarmtätigkeit an über einen Zeitraum von einigen Tage hinweg gesammelt hatten. Wie sich zeigte, wächst der Artenreichtum im Bakterienparadies Baby-Aa nach einem zunächst fast keimfreien Beginn individuell stark unterschiedlich schnell an.

Wenige Kandidaten, notieren Chana Palmer und ihre Kollegen der Canary-Stiftung, hatten schon nach 24 Stunden die typisch reichhaltige Fauna ausgebildet. [...] Als bakterielle Spätentwickler zeigte sich dagegen das Zwillingspaar im Test: Sie konnten erst nach einer vollen Woche mit der gesamten natürlichen Kot-Keimpalette protzen.

Dies mag daran liegen, dass die Zwillinge als einzige Babys im Test per geplantem Kaiserschnitt auf die Welt gekommen waren, spekuliert Palmers Team, weswegen keinerlei Kontakt mit der mütterlichen Bakterienflora erfolgte. Anhand des Zwillingsstuhls ermittelten die Forscher zudem, dass Verwandtschaft und Gene offenbar einen gewissen Einfluss auf die Darmflora haben: Die Bakterienkolonien der Zwillinge waren sich änhlicher als jene von unverwandten Babys und auch als die Darmflora ihrer Mutter. Insgesamt, schlussfolgert Palmer, sei der Kleinkind-Darm "ein aufregender, sich stürmisch entwickelnder Ort."
sQeedy
Heute mal was zur wohl wichtigsten Frage für den Studenten von heute (dicht gefolgt von: "Wo bekomme ich günstig Bier her?"):

Warum eigentlich Sex?

Nun, auch wenn es beim Menschen immer noch nicht 100% experimentell geklärt ist, bei Fadenwürmern (Nematoden) der Art Caenorhabditis elegans scheint der Grund, warum diese denn unbedingt Sex haben müssen enthüllt.

Doch zunächst ein paar langweilige Fakten. Der eifrige Leser muss zunächst erfahren, dass oben erwähntes Würmchen zu den Stars unter den Modellorganismen der modernen Biologie gehört.

Der erwachsene Wurm ist nur etwa einen Millimeter lang und lebt im Boden der gemäßigten Klimazone. C. elegans ist ein Zwitter. Der sogenannte "Hermaphrodit" bildet zuerst Spermien, dann Oozyten (Eizellen). Somit ist der Winzling in der Lage, sich durch Selbstbefruchtung fortzupflanzen, was einer Art klonen gleich kommt. Neben den Hermaphroditen existieren auch Männchen, die mit einem Hermaphroditen kopulieren und so sexuell neuen Nachwuchs produzieren können.

Ausschlaggebend für die Forschung ist das Phänomen der Zellkonstanz: Jeder erwachsene Hermaphrodit besitzt immer genau 959, jedes erwachsene Männchen genau 1031 somatische Zellkerne.

Doch nun zum eigentlichen Thema!
Warum sollte man sich eigentlich sexuell Fortpflanzen? Eine Frage, die die Welt bewegen sollte, und die (wenn man den beschränkten menschlichen Horizont einmal verlässt) die Welt auch bewegt! Tagtäglich stellen sich Milliarden und Abermilliarden Lebewesen auf unserer Welt die Frage: "Heute Sex oder lieber Klonen?"
Die Vorteile von ungeschlechtlicher Vermehrung liegen auf der Hand. Man kann sich wesentlich schneller reproduzieren. Die langwierige Suche nach dem geeigneten Partner entfällt. Der Nachteil, dass man immer 2 Individuen zur Fortpflanzung benötigt zieht außerdem nach sich, dass 2 sexhungrige Individuen in einer bestimmten Zeit nur x Nachkommen zeugen können, wogegen 2 klonierungsfreudige Individuen in der selben Zeit doppelt so viele Nachkommen hervorbringen können. Vom Vermehrungsstandpunkt aus gesehen ist die Methode Sex also von Nachteil. Sollte genug Nahrung da sein und die Umweltbedingungen günstig, so sind die "Klonierer" eindeutig im Vorteil, da sie sich schneller in diesem Lebensraum ausbreiten können.
Was nun aber, wenn die Bedingungen ungünstiger werden? Nahrung knapp? Strahlung? Mutationen? Krankheiten?
Evolutionsbiologen um Patrick Phillips an der University of Oregon in Eugene haben nun ein wenig Licht ins Dunkel der Spekulationen gebracht, indem sie 2 Populationen der oben erwähnten Würmchen hielten. Eine Zwitterpopulation, welche sich ausschließlich asexuell vermehrte und eine Polulation mit Männchen und Weibchen ausgestattet war, sich also sexuell vermehren musste. Ich vermute, dass dies durch genetische Modifikation des Erbgutes bewerkstelligt wurde, so dass die gewünschten Geschlechter auftraten. Beide Wurmpopulationen wurden nun Bakterien ausgesetzt, welche für die kleinen Kriecher gefährlich sind. Das interessante Ergebnis: Nach 40 Generationen waren die sexuell aktiven Würmer durch ihren schnelleren Genaustausch bereits gegen den Erreger immun, während die Selbstbefruchter noch immer von ihm dezimiert wurden.
In einem zweiten Experiment behandelten Phillips und seine Kollegen die Tiere mit einer Chemikalie, die Mutationen verursacht. 50 Generationen später vermehrte sich die asexuelle Gruppe deutlich langsamer als zuvor, während der männlich-weibliche Stamm anscheinend nicht beeinträchtigt war. Wie erwartet, half der sexuelle Austausch von Erbgut offenbar dabei, die Folgen der Mutationen zu verringern, da diese sich häufig nur manifestieren können, wenn beide Eltern sie an ihren Nachwuchs weitergeben. Die Zwitter können dagegen Mutationen nur langsam durch natürliche Selektion aus ihrem Genpool entfernen - indem betroffene Erblinien aussterben.

Und die Moral von der Geschicht? Musst du dich gegen viele schädliche Einflüsse behaupten, so habe Sex!
loco
aus dem apostroph im titel könnte man auch ne wissenschaft machen
Sigurd
Zitat(loco @ 22 Oct 2009, 14:55)
aus dem apostroph im titel könnte man auch ne wissenschaft machen
*

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Ich musste gerade sehr herzhaft lachen... fiel mir noch gar nicht auf!
sQeedy
ach verdammt. ich hab schon kurz gegrübelt aber den falschen schluss gezogen.

-korrigiert-
sQeedy
Aus aktuellem Anlass...

Genvariante macht Jugendliche anfällig für Alkoholmissbrauch

Zitat
Jugendliche, die eine bestimmte Variante des Gens OPRM1 in sich tragen, neigen zu einem stärkeren Alkoholkonsum. Der Grund sei, dass sie Alkohol und seine Wirkung als angenehmer empfänden, berichten Wissenschaftler um Robert Miranda, Jr. von der Brown University in Providence, die diesen Zusammenhang jetzt aufdeckten. [...]

Bei der Genvariante handelt es sich um einen so genannten SNP (single nucleotide polymorphism), das heißt, an einer einzelnen Stelle in der DNA ist ein Basen-Baustein durch einen anderen ersetzt. Anscheinend steigere das die Wirksamkeit des Opioid-Rezeptors, der Teil des neuronalen Belohnungssystems ist und unter anderem auf körpereigene Endorphine reagiert, erläutern die Wissenschaftler. Dass es bei Erwachsenen einen Zusammenhang zwischen der Mutation und Alkoholismus gibt, hatten Forscher bereits beobachtet.

Für die aktuelle Studie nahm das Team um Miranda, Jr. DNA-Proben von 187 Jugendlichen im Alter von rund 15 Jahren und befragte sie zusätzlich zu ihren Trinkgewohnheiten. Knapp über die Hälfte der Freiwilligen, die das fragliche Gen trugen, wiesen gleichzeitig einen gesteigerten Alkoholkonsum auf - verglichen mit nur rund 16 Prozent der Teilnehmer, die das Gen nicht trugen.

Unterschiede gab es auch bei den Gründen, die die Jugendlichen für ihren Alkoholkonsum angaben: Die Träger der Genvariante berichteten häufiger, dass sie die Wirkung und den Geschmack von Alkohol schätzen, während die andere Gruppe eher angab, aus sozialen Gründen zu trinken.

Die Studie zeige, dass Jugendliche aus Gruppendruck und anderen Umweltfaktoren mit dem Trinken anfangen würden, erklärt Miranda, Jr. In späteren Jahren bekämen aber genetisch bedingte Neigungen, wie die Mutation auf dem OPRM1-Gen, mehr Gewicht. Die jetzt untersuchte Genvariante tragen rund 42 Prozent der Bevölkerung. (jd)

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sQeedy
Viele hatten es vermutet, nun scheint es "amtlich":

Langsame Esser werden schneller satt

Zitat
Die Warnung, dass zu schnelles Essen dick macht, ist physiologisch begründet. Forscher um Alexander Kokkinos von der Medical School der Universität von Athen haben zwei Hormone identifiziert, die bei langsamen Essern für ein früheres Sättigungsgefühl sorgen.

Im Experiment durften die Probanden 300 Milliliter Eiscreme verzehren, dazu hatten sie entweder 5 oder 30 Minuten Zeit. Um den Hormonstatus im Blut von schnellen und langsamen Essern zu überprüfen, begannen die Forscher ihnen ab 30 Minuten nach Beginn der Mahlzeit in mehreren Intervallen Blutproben zu entnehmen. Bereits in der ersten Probe kamen zwei Sättigungshormone im Blut der langsamen Esser häufiger vor als bei ihren eiligen Kollegen.

Wer sein Essen hinunterschlingt, schüttet das Peptid YY und das glucagonähnliche Peptid-1 in geringeren Mengen aus als ein langsamer Esser. Die Hormone werden in den Darmzellen gebildet und signalisieren dem Gehirn, dass genug Nahrung aufgenommen wurde und die Mahlzeit nun beendet werden kann. Bleibt die Rückmeldung aus, fühlt man sich nicht satt und das Risiko steigt, übermäßig viel zu essen.
sQeedy
Heute mal etwas zur Schweinegrippe! Wenn ich in den nächsten Tagen Zeit finde werd ich mich ein wenig mehr mit diesem Thema auseinandersetzen.

Alte Grippeinfektion immunisiert "ein wenig" gegen Schweinegrippe
Zitat
Ähnlichkeiten zwischen dem Schweinegrippevirus und anderen Grippestämmen lassen vermuten, dass Teile der Bevölkerung gegen die neue Infektion gut gewappnet sind. Das berichtet eine amerikanische Forschergruppe um Bjoern Peters vom La Jolla Institute for Allergy and Immunology in Kalifornien, USA. Eine aufgrung früherer Grippeinfektionen vorhandene Immunabwehr könnte den Verlauf der Schweingrippe wahrscheinlich abmildern, so die Forscher.

Peters und seine Kollegen verglichen dreidimensionale Strukturen an der Virusoberfläche, sogenannte Epitope, die das menschliche Immunsystem zur Bildung von Antikörpern anregen. Da die Schweinegrippe-Epitopen denen anderer, älterer Grippeerreger ähneln, könnten Menschen, deren Immunsystem mit den anderen Gripperrregern vertraut ist, auch gegen die neue Grippe teilweise geschützt sein.

Insgesamt fanden die Forscher 49 Prozent der bislang bekannten Grippe-Epitope auch im Schweinegrippevirus. Je nach Art des Epitops gab es allerdings große Unterschiede: Nur 17 Prozent der sogenannten B-Zellen-Epitope des Schweinegrippevirus gleichen jenen bekannter Grippeviren und werden daher von B-Zellen des menschlichen Immunsystem erkannt, immerhin aber 69 Prozent der sogenannten T-Zellen-Epitope der Schweinegrippe. Daraus schließen Peters und seine Kollegen, dass zwar nur geringer Schutz gegen eine Infektion mit der Schweinegrippe besteht, der Verlauf der Krankheit sich allerdings kaum von einer normalen Grippe unterscheiden wird.

Die amerikanische Gesundheitsbehörde (CDC) zählte zwischen Mitte April und Ende Juli 2009 mehr als eine Million Schweinegrippe- Erkrankungen, von denen 5000 in Krankenhäusern behandelt wurden und 302 zum Tode führten. Auch diese Zahlen weisen auf einen vergleichsweise milden Verlauf der Schweinegrippe hin, erklären die Forscher.

Bleibt nur zu fragen, ob nicht nur eine bereits überstandene saisonale Grippe, sondern auch eine Impfung gegen selbige diesen Effekt hat. Ich vermute: Ja.
Julschn
wo holsten du immer die ganzen artikel her?
lusch3
clap.gif Das wär schön biggrin.gif.
sQeedy
Zitat
Fair durch Testosteron

Testosteron oder Placebo?
Testosteron führt zu aggressivem und riskantem Verhalten - so ein weit verbreiteter Glaube. Manche Forscher sehen die Wirkung des männlichen Sexualhormons jedoch differenzierter. Demnach weckt es nur das Bestreben, den eigenen Status zu verbessern - wobei Draufgängertum durchaus nützlich sein kann. Doch auch Fairness eignet sich dazu, mehr Ansehen und damit eine höhere soziale Stellung zu gewinnen. In einem Verhaltensexperiment mit Frauen, das Christoph Eisenegger von der Universität Zürich und Kollegen nun durchgeführt haben, schienen die Probandinnen das sehr wohl zu erkennen: Sie machten bei Verhandlungen unter Testosteron-Einfluss ihren Partnerinnen bessere und fairere Angebote als ohne die Droge.

Die Forscher ließen 121 weibliche Testpersonen um Geld feilschen. Der Hälfte von ihnen verabreichten sie 0,5 Milligramm Testosteron, den anderen Placebos. An dem Versuch nahmen nur Frauen teil, weil der Zeitverlauf der neurophysiologischen Effekte des Hormons bei ihnen sehr viel besser bekannt sind als bei Männern. Jede Probandin durfte mehrmals entscheiden, wie viel von einem ihr verliehenen Geldbetrag sie an eine jeweils wechselnde zweite Versuchsperson abgab. Nur wenn diese das Angebot annahm, erhielten beide das Geld. Im Fall einer Ablehnung drohte außerdem ein sozialer Konflikt mit Status-Verlust.

Anders als man gemeinhin erwarten würde, zeigten sich jene Frauen, die Testosteron erhalten hatten, im Durchschnitt großzüger. Sie riskierten es nicht, durch unfaire, egoistische Angebote ihren Status zu gefährden. Unsozial verhielten sich stattdessen die Personen, die glaubten, ihnen sei das Hormon verabreicht worden, ohne dass dies wirklich der Fall war. Sie bestätigten das Vorurteil gegenüber Testosteron voll und ganz. Nicht die Substanz selbst ist also der Übeltäter, sondern ihr schlechter Ruf.

Julia Eder