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Vollständige Version anzeigen: Lemmi-Lesen IX - Looking for Heinz
Lemming09
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Den sanftmütigen Beobachtern Dresdens uninnaher Naturschönheiten ist es nicht entgangen: Der zarte Wegwarte-Busch (nennen wir ihn Heinz) verschwand von der (unbefriedeten) Grünanlage im Fußweg (Wechselgrün) an der 61-Haltestelle "Technische Universität" (ehemals "Fritz-Förster-Platz"), Richtung SLUB. Dieses liebenswerte Gewächs (lat.: Cichorium intybus) erfreute dort hoch-engagierte Studenten (also mich) und so plante ich, diese schöne Erscheinung, zur ständigen Erbauung meinerseits, fotografisch festzuhalten. Doch dann war er plötzlich weg, verschwunden, nicht mehr auffindbar, ich suchte und suchte, doch: vergebens, ein Traum, eine Illusion, liegt zerstört darnieder.

(Ok...ich hab ein Fotohandy, ich hätte auch letztes Jahr, als Heinz noch da war, ein Bild von ihm machen können, aber man denkt sich ja, "ach, der läuft doch nicht weg"...)

Wie kann das Schicksal fehlende zeitnahe Fotomotivation nur so grausam bestrafen?

Quälende Fragen drängen sich auf:
- Wann geschah es?
- Gibt es Zeugen?
- Und was geschah überhaupt?
- Ein Blumendieb?
- Übergründliche Stadtgrünbewirtschaftungsdingsdaleute?
- Ein privater Sammler, der Heinz nun in seinem Garten gefangen hält?
- Lebt Heinz noch?
- Und wenn nicht, war Heinz fromm genug, um im Wegwarten-Himmel aufgenommen zu werden?
- Oder ist Heinz einfach nur untergetaucht?
- Flucht vor der Wegwarten-Mafia?
- War Heinz in krumme Geschäfte verwickelt? Etwa mit Mohnblumen?
- Und: Was wird als nächstes verschwinden? (Vielleicht die Fusseln von meinem Fußboden - das wär nicht schlecht...)

(Ja, da stehen noch hunderte andere Wegwarten auf den umliegenden Grünanlagen, aber Heinz war einmalig!)

Lehrt uns das nicht, wie wenig Zeit wir doch so schönen, aber unscheinbaren Dingen, widmen? Jeden Tag ein gewohntes Bild und plötzlich, unerwartet, ist alles anders. Und man trauert den vergangenen Momenten hinterher, denn sie kommen nie wieder...

(*schnüff*)

Wie oft stehen wir an einer Haltestelle, wartenderweis', starren auf die Anzeigetafel, in der leisen Hoffnung, sie liese sich durch unseren strengen Blick zu schnellerem Ablauf bewegen, und nehmen so viel Wunderbares nicht war (wie z. Bsp. Heinz - aber nun is es zu spät).

Es gibt noch so viel mehr Unbeachtetes:
Socken - sie liegen (oder stehen) herum, im Schrank oder auf dem Fußboden, leisten treu ihren sockigen Dienst an so unschönen Körperregionen und sehnen sich nach ein wenig Zuwendung. Doch alles, was wir zu geben bereit sind, sind Wasser und Weichspüler. Davon kann doch keiner leben!

Pfandflaschen - wir nuggeln gierig ihren Inhalt heraus, sabbern sie voll, drücken und quetschen sie. Und als Dank tauschen wir sie gegen ein paar Cent ein. (Obwohl man so natürlich auch unfreundliche Mitmenschen entsorgen könnte - Aber passen die in den Rückgabeautomaten?)

Nägel - Was müssen die Kopfschmerzen haben? Und hat jemals irgendwer einem von ihnen ein Aspirin angeboten?

Klopapier - ...


Na, nachdenklich geworden?
Nein?
Schade...aber nen Versuch war's wert...

In stiller Trauer, Mechthild, Hinterbliebene

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(Mechthild in ihrer vollen Schönheit: http://commons.wikimedia.org/wiki/Image:Ci...5_07_05%29.jpg)

Zitat
Zarte blaublühende Pflanze sucht neuen Lebensgefährten. Bist Du auch blau und wächst am Straßenrand? Dann schreib an Stichwort "Mechthild"...
Fuchs
ey, das is echt ne traurige Geschichte sad.gif