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Vollständige Version anzeigen: Bologna im Arsch
Stormi
Habe vorhin diesen Artikel mit dem Titel "Bachelorstudium in der Sackgasse" gelesen.

Zentrale Aussagen sind:

1. Ziele des Bolognaprozesses weit verfehlt.
2. Abbrecherquote eher erhöht, Mobilität nicht gefördert.
3. Studierende und Professoren schlagen die Hände über dem Kopf zusammen
4. ECTS Studienpunktesystem funktioniert nicht, Leistungen sind nicht vergleichbar bzw. können nicht an andere Hochschulen mitgenommen werden.
5. Professoren, die selber jahrelang jegliche Reform abgelehnt haben, haben mit ihrer brachialen und wenig durchdachten Umsetzung des Bolognaprozesses viele Mißstände zu verantworten
6. Die Wirtschaft sieht keinen Handlungsbedarf und ist vom Erfolg der Bachelorsache überzeugt

Stimme mit den Punkten 1-5 soweit überein. Hier hat sich gar nichts verbessert und eher verschlechtert. Die Umsetzung der an sich guten Ziele ist absolut untergründig und es ist nicht nachvollziehbar, dass am ohnehin schon extrem kaputten deutschen Bildungssystem von Akademikern selber ein solch brutaler Raubbau betrieben wird. Wie blöde kann man denn sein?

Oder wie ein Teilnehmer des Forums den eher langen ersten Teil des Artikels zusammenfasste:

"Es ist genauso schief gegangen, wie es Studenten und Professoren vor
5 Jahren gesagt haben."


Discuss!
iggi
Epic Fail!
Knurt
-
Stormi
Ein bißchen mehr Information darfs dann schon sein yeahrite.gif

Ansonsten volle Zustimmung lol.gif
Chris
Die Umsetzung des Bologna-Prozesses ist in Deutschland gelaufen, wie alles in Deutschland läuft. Man lässt es die ersten 4 1/2 Jahre lang liegen und stellt dann im letzten halben Jahr fest, dass man doch etwas hätte tun müssen. Das Ergebnis ist eine überstürzte Umwandlung, bei der größtenteils nur Namen ausgetauscht werden, anstatt die Konzepte richtig einzubinden.

Die Verträge von Bologna sahen vor, dass die Studiengänge modularisiert werden, und zwar nicht so grobgranular in Bachelor und Master, sondern auf einer feineren Ebene in der ein Modul ca. 6 - 12 SWS umfasst. Diese hätten dann auch gut über das ECTSystem ausgetauscht werden können. Dieses System funktioniert auch - entgegen der Aussage des Artikels - in Studiengängen, bei denen es richtig eingeführt wurde. Hier wäre als Beispiel (in Dresden) BWL zu nennen. Dort wird schon jahrelang auf das ECTSystem aufgebaut und Studienleistungen aus dem Ausland werden ohne Probleme anerkannt.

Auch die Abbrecherquote lässt sich nur bedingt auf den Bolognaprozess schieben. In Deutschland brechen die meisten Studenten vor ihrem Vordiplom ab. Bei der Umstellung auf Bachelor wurde aber ein Pensum von Vordiplom + 2 Semester aus dem Hauptstudium angenommen. Logisch, dass daran schon alle scheitern, die auch im Vordiplom scheitern. Im Vergleich mit anderen Ländern ist in Deutschland das Bachelor-Studium zu hart. Während vielerorts Bachelor nur Grundlagenpauken (vgl. unser Abi) und ein erster Hereinschnuppern in die Fachrichtungen bedeutet, ist man in Deutschland mit seinem Bachelor nur noch einen Schritt weit von seinem Diplom entfernt. Bachelor ist ein berufsbefähigender Abschluss. Hierfür haben wir in Deutschland eigentlich die Fachhochschulen. Ein Bachelor sollte sich dementsprechend auf diesem Niveau bewegen, real bewegt er sich aber auf einem Universitätsniveau.

Mobilität - nunja, was will man sagen. Wir Deutschen sind traditionell eher ein Volk, das es nicht so ins Ausland zieht. Anrechnung des Auslandsbafögs auf das normale Bafög und Probleme mit der Anerkennung der Studienleistungen schaffen da nicht gerade Anreize ins Ausland zu gehen.

Interessant auch, dass man sich im Artikel wünscht, dass 70% - 80% mit einem Master abschließen sollen. Die Perversion besteht darin, dass schon zu Vordiplomszeiten in vielen Studiengängen mehr Studenten aufgenommen wurden, als im Hauptstudium betreubar waren. Ergebnis waren Prüfungen, die überdurchschnittlich hart waren, oder bei denen nur ein vorher festgelegter Prozentsatz bestehen konnte. Auch hier lohnt sich ein Blick auf's Ausland. Dort studieren durchschnittlich 10% aller Bachelorstudenten später auf einen Master.

Schlußendlich bleibt festzuhalten. Man hat versucht aus dem Bolognaprozess einen deutschen Alleingang zu machen (so man denn überhaupt etwas versucht hat), ohne darauf zu achten, wie der Bachelor in anderen Ländern gehandhabt wird. Ohnehin wird der Traum vom europäisch gemeinsamen Hochschulraum durch die Bildungshoheit der einzelnen deutschen Länder von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Der durchschnittliche Bachelorstudent in Deutschland geht mit einem Wissen aus seinem Bachelorabschluss hervor, das andere europäische Studenten mit ihrem Masterstudium erhalten. Der Bolognaprozess in Deutschland ist verloren außer er wird wie folgt umstrukturiert:
- Abschaffung von FH und BA.
- Senkung des Bachelorniveaus auf FH/BA Niveau.
- Bereitstellung einiger tausend Mitarbeiter zur Erarbeitung neuer Lehrpläne.
- Aufgabe der Bildungshoheit der einzelnen Länder.
- Bereitstellung besserer Mobilitäts- und Studienhilfen (besseres Bafög, mehr Stipendien)

Da das alles aber utopisch ist, werden wir wohl weiter rumkrüppeln und unseren Eigenweg verteidigen. Die bessere Lösung für die deutsche Wirtschaft wäre gewesen, alles beim Alten zu lassen und lediglich das Vordiplom in Bachelor umzubenennen.
iggi
Abschaffen von FH? Was denn mal noch? wacko.gif
Chris
In Deutschland haben wir eine hochqualitative Ausbildung, die viele verschiedene Stützen hat. Zum einen ist das die reine Ausbildung im Betrieb, danach kommt eine duale Ausbildung an BA und Betrieb. Es folgt die praxisnahe Ausbildung an den FHs und die forschungsbefähigende Ausbildung an den Universitäten. FH und BA bilden dabei einen Abschluss für die Wirtschaft in einem, sagen wir, forschungsnahen Umfeld.

Im Gegensatz dazu steht das Bachelor-Master System, bei dem der berufsbefähigende Abschluss durch den Bachelor garantiert wird, und der forschungsbefähigende Abschluss durch den Master. Auf Vor- und Nachteile beider Systeme geh ich jetzt mal nicht ein.

Wenn man beide System vermischt, so wie es in Deutschland gemacht wird, erhält man 6 verschiedene Abschlüsse, die schon innerhalb Deutschlands schwer vergleichbar sind (wie z.b. ist ein BA-Master mit einem Uni-Bachelor zu vergleichen?). Eine Vergleichbarkeit auf europäischem Ebene ist noch weniger gegeben. Mit so einem Stückwerk ist nicht viel anzufangen. Solange beide Systeme nicht miteinander harmonisiert werden, ist nicht davon auszugehen, dass man damit europaweit einen Fuß auf den Boden bekommt.
Mimi
warum sollte man sich immer am ausland orientieren? ein bachelor auf abiturniveau? das ist doch quatsch.
warum die fhs abschaffen und nicht den bachelor? wenn ich nen berufsqualifizierenden, praxisnahen abschluss haben will, dann geh ich an die fh. wenn ich im wissenschaftlichen bereich arbeiten will an die uni.

ich bin selbst an der umstrukturierung mit beteiligt. und wenn es dann heißt max. so und so viele ects punkte, dann bekomm ich nen schreikrampf. da müssen grundlagen gekürzt werden, die für einen ing. nun mal extrem wichtig sind. das ist ja nun auch nicht gerade förderlich, oder siehst du das anders? nach ects-system haben wir dann viel zu viel gelernt in den ersten 6 semester. schon nur bei der übertragung der pflichfächer von jetzt nach morgen. und selbst jetzt haben wir in den höheren semestern teilweise das gefühl, dass und noch die ein oder andere grundlage fehlt oder wir sie nicht ausreichend gelernt haben. das ist doch kein zustand. wir versuchen unser bestes alles ordentlich umzustrukturieren, wenn man eh gerade dabei ist, mit den b/m auflagen ist dies aber kaum möglich... zu den modulen: modularisieren kann man, aber es kann eben jede uni anders...

und zwecks mobilität: das war bisher auch kein problem. mit einem vordiplom einer universität in deutschland, war es bisher kein problem im hauptstudium hier einzusteigen.


Chris
Der Bolognavertrag legt eine Orientierung am/mit dem europäischen Ausland fest.

Ein deutlicher Vorteil des Bachelor/Master-Systems ist meiner Meinung nach, dass man in ein Studienfach, bzw. generell ein Studium hereinschnuppern kann. Dies geht dem deutschen Studenten ab, der sich - relativ unwissend - nach seinem Abitur für eine Richtung zu entscheiden hat. Wie schwierig das ist, zeigen die hohen Abbrecherquoten. Hinzu kommt, dass man bei einem Studienabbruch nichts in der Hand hat. Das Vordiplom bietet keine ausreichende Grundlage, man steht immer als Abbrecher da, auch wenn von vielen Firmen "Abbrecher" gerne genommen werden. Vorteilhaft an der BA und FH ist z.B. dass eine solche Praxisorientierung durch einen Bachelor niemals geschaffen werden kann. Und, dass derjenige, der ein universitäres Studium beginnt, auch gleich auf die hohe Leistungsfähigkeit eines Diploms getrimmt werden kann.
Ich nenne das ganze einfach mal "dropout efficiency trade-off". Ein optimales Ergebnis für beide Werte wird man niemals erreichen können, jeh besser ein Wert ist, desto schlechter wird der andere. Die Frage stellt sich nur, welche Werte für die Gemeinschaft am besten sind.

Stormi
Das beste für die Gesellschaft jedenfalls wäre es, wenn man Art und Struktur des Bildungssystems nicht an wirtschaftlichen Maßstäben orientiert. Die Bolognaidee an sich ist ganz gut, allerdings ist die Intension nicht, die Leute besser und multikultureller zu bilden, sondern sie so schnell wie möglich und mit soviel Wissen wie nötig in den globalisierten Arbeitsmarkt pressen zu können.

Das Ergebnis sieht man heute schon: Wissenschaftliche Ausbildung mit Eigenverantwortung und Selbstorganisation findet nicht mehr statt. Statt dessen gibt es Powerschule mit Scheuklappen, wo man mit einer Lernmethode ala "Fire and forget" wunderbar durchkommt. Am Ende der Maschine kommen gleichgeschaltete Businessroboter raus, die weder Führungsqualitäten haben, noch gewohnt sind, ihre Meinung einzubringen bzw. anderer Leute Meinungen kritisch zu hinterfragen.
Und der Scheiß wird dann von den Bildungspolitikern als DIE Lösung verkauft, um das deutsche Bildungssystem zu sanieren.

Ich bitte euch, das sieht (und sah!) doch ein blinder mit Krückstock, dass das so in die Hose gehen musste. Unis sind für Bildung da und nicht für Ausbildung. Da gibt es einen kleinen aber feinen Unterschied.
Mimi
aber wenn ich erst nen bachelor bspw. in germanistik anfange und dann zu physik wechsle, wird das doch auch als studienabbruch gerechnet, oder seh ich das falsch? alles andere wäre unlogisch.

außerdem empfinde ich dieses "reinschnuppern" als ziemlich ... naja... mir fehlt gerade das richtige wort... ich kenne auch ausreichend personen die das so gemacht haben, aber ich kenne auch sehr viele personen, die sich vorher gut informiert haben und wissen was sie wollen. sollen die dann bestraft werden, in dem sie ein lascheres studium bekommen? wie du schon richtig bemerkt hast, man kann nicht alles gleich gut hinbekommen. die frage ist dann, was man als wichtiger empfindet...

wenn ich mich richtig erinnere, steht im bolognavertrag nicht, dass man ein b/m system einführen soll, sondern nur, dass man ein international vergleichbares studium aufbaut, und zwischen praxis und forschung unterscheidet. gut und die modularisierung, aber die kann man auch ohne die anderen auflagen einführen. dann sollte man aber festlegen, dass die module überall das gleiche beinhalten und die gleichen anforderungen stellen
Mimi
Zitat(Stormi @ 23 Sep 2008, 14:09)
Ich bitte euch, das sieht (und sah!) doch ein blinder mit Krückstock, dass das so in die Hose gehen musste. Unis sind für Bildung da und nicht für Ausbildung. Da gibt es einen kleinen aber feinen Unterschied.
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yes.gif
Chris
Es befinden sich heutzutage viele Leute an der Uni, die nicht in die Forschung gehen möchten. Einen Abschluss für diese Leute nach 4 oder 6 Semestern halte ich für sinnvoll. Ob man vorher genau sagen kann, dass man an der Uni oder an der FH oder an der BA studieren will, weiß ich nicht. Ich kenn zumindest genügend Leute, die erst in zweiter Wahl ihre richtige Entscheidung getroffen haben. Dieses "Reinschnuppern" ist aber durchaus gerechtfertigt, da z.B. in USA es möglich ist, mit einem beliebigen Bachelor jedes Masterstudienfach zu besuchen. Internationale Vergleichbarkeit bedeutet für mich, dass man sich bewusst ist, wo die eigene Ausbildung angesiedelt ist. Die Deutschen sind es sich leider nicht.

Ja, wenn man das Studienfach wechselt wird das als Abbruch gewertet. Deswegen sind die Abbrecherzahlen relativ ungenau, weil keiner in Deutschland sagen kann, wieviele davon das Studium generell abgebrochen haben, und wieviele trotzdem noch einen Abschluss gemacht haben. Das einzige was klar ist, ist, dass mehr Studenten beginnen, als mit einem akademischen Abschluss enden. Statistisch interessant ist, dass ein Abbrecher die Abbrecherquote nach oben treibt, auch wenn er danach ein Studium beendet. Vergleichbar sind die Quoten also nicht wirklich. Zumal - wie gesagt - in anderen Ländern die "Abbrecher" mit einem Bachelor nach Hause gehen, während man in Deutschland nichts in der Hand hat.

@Stormi: Bildung ist auch Ausbildung. Auch die Unis in Deutschland werden schon seit Jahrzehnten dafür genutzt wirtschaftlich verwertbare Menschen zu produzieren. Daran ändert auch das Bachelor/Master-System nichts, noch hängt das von diesem System ab. Es sind einfach die Rahmenbedinungen unseres Wirtschaftsystems. Und dort musst du ansetzen, wenn du etwas ändern möchtest, und nicht an der Bildung.
Stormi
Zitat(Chris @ 23 Sep 2008, 14:41)
Es sind einfach die Rahmenbedinungen unseres Wirtschaftsystems. Und dort musst du ansetzen, wenn du etwas ändern möchtest, und nicht an der Bildung.
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Richtig. Warum wird dann aus wirtschaftlichen Gründen das Bildungssystem geändert oO
iggi
Statischtisch bin ich zwei mal Abbrecher und werde jetzt meinen Dipl.-Inf. (FH) machen, was relativ sicher ist, damir nur noch ein Beleg fehlt.
Bei uns wurden wegen der Umstelleung auf Batschelor vor allem Fächer unter den Semestern hin und her geschoben. Es ist wirklich nur ein umgelabel, weil es eben gemacht werden muss, aber niemand ist von dem Konzept überzeugt.
Chris
@Stormi:
der Hauptantrieb in unserem System sind eben wirtschaftliche Gründe. Was spricht also dagegen auch das Bildungs"subsystem" aus wirtschaftlichen Gründen zu ändern? Du kannst doch nicht erwarten, dass der ganze Staat kapitalistisch denkt und dann plötzlich bei der Bildung eine sozialistische Einstellung haben soll.
Stormi
Nein, aber wer Bildungserfolg nur an wirtschaftlich verwertbaren Fakten misst, der schafft über kurz oder lang "unrentable" Studiengänge ab. Sollen doch die ganzen Bücherwürmer sehen wo sie bleiben. Theater am Besten auch gleich zu machen. Kosten nämlich alle nur Geld.
Man setzt den Bolognaprozess entsprechend um. Hauptsache kein Geld in grundlegende Strukturänderungen investieren. Alles muss schnell gehen und effizient sein. Sozialistische Einstellung hin und her. Auch Bildung kann ein Kapital sein, imho das einzige, was Dtl. in der Zukunft zu verkaufen haben wird. Und genau da wird rumgepfuscht, als gäbs kein Morgen. Sieht das denn keiner von den Profs? Kann oder will da keiner was machen? Wie kann man Diplomstudiengänge zu Bachelorstudiengängen machen und dabei nicht den Leerplan entschlacken?

Das ist, als würde mir der Chef nen Plan geben, wie das neue Mehrfamilienhaus aussehen soll und ich bau da nen Schuppen hin. Das muss doch jemand checken, dass das nur Mist ist.
Silenzium
Zitat(Chris @ 23 Sep 2008, 11:57)
[...]

Mobilität - nunja, was will man sagen. Wir Deutschen sind traditionell eher ein Volk, das es nicht so ins Ausland zieht. Anrechnung des Auslandsbafögs auf das normale Bafög und Probleme mit der Anerkennung der Studienleistungen schaffen da nicht gerade Anreize ins Ausland zu gehen.

[...]
*

Da möchte ich widersprechen. Die deutschen gelten weithin als "Reiseweltmeister" und beim ERASMUS-Programm bilden die deutschen die größte Gruppe. Klar, wir sind auch das Land mit den meisten Einwohnern in Europa und vielleicht sind Spanier und Italiener prozentual etwas mehr vertreten, aber dass wir unmobil seien, bestreite ich.
Interessant ist aber etwas anderes: Seit dem Bachelor und Master eingeführt wurden steigt bei vielen der Betrag der ERASMUS-Mobiltätsbeihilfe, was ein Zeichen von weniger Teilnehmern ist. Mein Mitbewohner hat z. B. gerade einen Bescheid für eine kräftige Erhöhung bekommen.
Mimi
Zitat(Stormi @ 23 Sep 2008, 15:36)
Man setzt den Bolognaprozess entsprechend um. Hauptsache kein Geld in grundlegende Strukturänderungen investieren. Alles muss schnell gehen und effizient sein. Sozialistische Einstellung hin und her. Auch Bildung kann ein Kapital sein, imho das einzige, was Dtl. in der Zukunft zu verkaufen haben wird. Und genau da wird rumgepfuscht, als gäbs kein Morgen. Sieht das denn keiner von den Profs? Kann oder will da keiner was machen? Wie kann man Diplomstudiengänge zu Bachelorstudiengängen machen und dabei nicht den Leerplan entschlacken?


die profs haben da nicht wirklich viel schuld daran. klar, es gibt immer wieder mal so nen paar, die rummosern, aber im allgemeinen wissen die das doch auch. wie so ein studiengang aussehen soll, stammt auch nicht von den profs, sondern von höherer stelle.

und dann bin ich mir nicht ganz sicher wie du das meinst: den lehrplan entschlacken? vielleicht kann man ja in einigen studiengängen bei den grundlagen sparen, aber es gibt auch studiengänge, da sollte man soetwas nicht tun. genau das ist ja das problem. es soll umstrukturiert werden, dabei müssen aufgrund von regeln sachen runtergekürzt werden. und die fehlen dann logischerweise dem absolventen, der dann weniger auf dem kasten hat. ja, hier hätten die profs eher einschreiten können. vielleicht hätten sie es ja gemeinschaftlich verhindern können. aber das weiß keiner. und dann sollen profs nebenbei mal so ne umstrukturierung aus der tasche zaubern, obwohl sie meist so schon keine zeit haben. und niemand erzählt ihnen wie es aussehen soll. mal abgesehen von den vorlagen zur dokumenterstellung, damit die akkreditierungskommission dann dort auch nen ja setzt. dann erledigen sie das alles und hinterher heißt es, so geht das aber nicht...
Stormi
Ich habe gemeint, dass man in manchen Studiengängen den Eindruck bekommt, dass die Leute da in 6 Semestern alles reingepresst kriegen, was die sonst in 9 oder so gemacht haben (also was Theorie und Grundlagen angeht). Man sollte den Studiengang entsprechend neu gestalten, wenn man schon auf Bachelor/Master umschaltet, d.h. auch und gerade Art und Umfang der bisherigen VLs überdenken. Ich kann mich zumindest in meinem Grundstudium an Dinge erinnern, die entweder total sinnlos oder sinnvoll, aber schlecht dargeboten wurden. Da kann man doch mal entrümpeln.
Mimi
ok. das ist natürlich quatsch.

ich kann mich an soetwas auch erinnern, aber bei uns findet im Hauptstudium eine Aufspaltung statt. Andere fanden das total wichtig, dafür anderes Zeug absolut unwichtig, was ich im Hauptstudium gebraucht habe.
So etwas kann man dann zum Beispiel zu Modulen, aus denen man sich etwas auswählen kann, zusammenfassen...
Chris
Das Grundstudium (in Deutschland) ist meistens auf Grundlagen ausgelegt. Dass man nicht alle Grundlagen wieder braucht ist, gerade bei der Fülle an Spezialisierungsrichtungen, die man im Hauptstudium einschlagen kann, eigentlich klar. Bekannterweise holen einen Grundlagen aber immer wieder ein, und dann ist es nicht schlecht, schon einmal hineingeschnuppert zu haben.

Die Frage ist natürlich, ob man _alle_ diese Grundlagen für einen wirtschaftlich befähigten Abschluss (Bachelor) braucht. Für einen forschungsbefähigenden Abschluss braucht man meiner Meinung nach aber schon ein großes Grundwissen, was auch über die Spezialisierung hinausgehen sollte. Diejenigen Grundlagen, die man aber im Bachelor rauslässt, müssten im Master nachgeholt werden, wo dann wieder die Zeit für wichtigere Vorlesungen fehlt.

So lässt sich das ganze wieder auf den "Dropout Efficiency Trade-Off" reduzieren, der das Problem ausreichend beschreibt.
Stormi
Ich glaube die Tatsache, dass du diesen grauenhaften Terminus benutzt, beschreibt das Problem tatsächlich mehr, als 1000 Worte.
Mr_T
Ich hatte gestern ne Unterhaltung mit einem Engländer. Der war total begeistert von unserem System mit dem Diplom. Als er fertig war mit der Aufzählung, was ihm daran besser gefällt als an seinem System, konnte ich nur antworten: Vlt. hast du recht, aber wir haben es gerade abgeschafft und Bachelor/Master eingeführt. Der verwirrte blick war schon recht befremdlich oO

OK, es war zugegebener Maßen nur eine Stimme und wer weiß, warum er mit seinem System unzufrieden ist. Kann ja auch tausend andere Gründe geben.
phanatos
Was sagen eigentlich angehende Juristen oder Mediziner dazu?
Perseus
Zitat(Stormi @ 23 Sep 2008, 17:30)
Ich habe gemeint, dass man in manchen Studiengängen den Eindruck bekommt, dass die Leute da in 6 Semestern alles reingepresst kriegen, was die sonst in 9 oder so gemacht haben
*


Word. Ich sitz im neuen Semester mit 12 Leuten aus meinem Matrikel im Hauptseminar, für uns Bachelor im 5. Semester, alle andern ~40 Plätze sind mit 9.-semestrigen Diplomern belegt wacko.gif
und zwar nicht, weil die 9er schneller bei der Einschreibug waren, sondern weil viele meines Matrikels sich gar nicht eingeschrieben haben, weil wir im 5. von 3/4 der Themen noch nie gehört haben, weil voraussetzende Vorlesungen bei uns erst dieses Semester laufen. Zusammen mit den 7.-semestrigen Diplomern, da das Wissen ja vorausgesetzt wird, wenn sie im 8./9. dann ihr HS machen. rolleyes.gif

Dass wir überhaupt mehr SWS haben als die Diplomer kann nur darauf zurückgeführt werden, dass wir einfach allen Diplomstoff in kürzerer Zeit machen.

Auf Anfrage nach diesem Quatsch heißt es von der Uni nur lapidar:
"Wir wissen, dass Sie unsere Versuchskaninchen sind und manches anders organisiert werden müsste. Aus Ihren Erfahrungen haben wir gelernt und eine neue Studien-/Prüfungsordnung erarbeitet, die für alle Erstsemestler ab WS 08/09 gilt. Für Sie können wir leider nichts tun. Außerdem dürfen Sie nicht vergessen, dass die Regelstudienzeit auch bei den Diplomern häufig überschritten wurde, mit einem oder zwei Semestern mehr haben Sie Ihren Bachelor dann auch"
Toll, wenn ich also zu den 7 Semestern Regelstudienzeit zwei von der Uni geplante weitere Semester hinzurechne, is mir klar, wie man den Stoff aus 9 Semestern in 7...halt, neun Semester packen kann. noexpression.gif

Aber tatsächlich, nach der neuen PO scheint es so, als könne man den Bachelor in 7 Semestern machen, da wurde etliches gestrichen. Nutzt mir aber nix.
Stormi
Willkommen an der Uni. Wo sich Leute mit Wissen, Intelligenz und Kreativität die Klinke in die Hand geben. Blühende Landschaften und so cool.gif
lusch3
die leute mit intelligenz haben meist nix mehr mit der lehre zu tun....sad.gif
Stormi
Sollte uns das nicht ein bißchen verwundern? Warum wird hier die Lehre so mit Füßen getreten? Ich meine, die aktuelle Bildungspolitik ist irgendwie zu vergleichen mit dem Tunen eines Autos. Schöne Felgen dran, tiefer legen, Motor aufbohren, Sportauspuff. Leider bleibt am Ende irgendwie kein Geld mehr für den Sprit, sodass der Bolide dann kurz nach der Ausfahrt stehen bleibt.
Sachsen will jede Menge Studenten an die hiesigen Unis locken. Gleichzeitig ist das einzige, wo Geld investierte wird, Exzellenzcluster und Elitekram. Das tlw. noch besetzt mit jeder Menge ausländischen Studenten, dies natürlich besser raus haben, als die hiesigen Kommilitonen, die wie das liebe Vieh durchs GS geschleust werden, um sich während dessen und danach noch Faulheit und Schmarotzertum vorwerfen zu lassen. Keiner in diesem Land scheint auch nur annähernd zu begreifen, dass ein Studium nichts ist, was man mal eben nebenbei und vor allem schnell erledigen kann und sollte. Als ob wir alle nur aus Faulheit an die Uni gegangen wären.
Pusteblumenkohl
Hör auf Faulheit als solche zu diskriminieren!
Stormi
Derweil zeigt Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) wenig Verständnis für die derzeitigen Studentenproteste. Im Deutschlandfunk nannte sie die Forderungen der Studierenden «zum Teil gestrig». Schavan sagte: «Ich bin sehr einverstanden, wenn sich Schüler und Studenten mit dem Bildungssystem beschäftigen. Aber wer streikt, muss auch Fakten zur Kenntnis nehmen. Wer sagt, wir müssen Bachelor- und Masterstudiengänge wieder abschaffen, der nimmt nicht zur Kenntnis, dass Deutschland Teil des europäischen Bildungsraums ist.»

Schavan kündigte an, im Juli zu einer Konferenz einzuladen. Dabei will sie mit Studierenden über die verkürzten Studiengänge sprechen und für mehr Akzeptanz werben. An einigen Stellen müsse nachgebessert werden, räumte die Ministerin an. Generell steckten aber große Chancen in dieser «modernen Struktur».


Quelle

Kommentar: no.gif
mr.orange
Schavan ist so dämlich, dass es weh tut. Dumm wie ein Sack Muscheln breit, die Alte.

Wir schaffen das Diplom ab, dafür führen es die Amerikaner gerade ein.
stabilo
Ach lass die doch. die quatscht doch auch nur nach, was ihr ihre Referenten ins Ohr flüstern. Hab Verständnis. In dem Alter ist man eben nicht mehr fit im Kopf.
Gasor
Zitat(stabilo @ 17 Jun 2009, 15:39)
Ach lass die doch. die quatscht doch auch nur nach, was ihr ihre Referenten ins Ohr flüstern. Hab Verständnis. In dem Alter ist man eben nicht mehr fit im Kopf.
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da sollte man so eine person schon garnicht in ein amt berufen in der man gerade geistige höchstleistung braucht wink.gif
Stormi
Die Informatiker haben die Schnauze voll und führen ab WS 2010/2011 das Diplom wieder ein*. Inklusive verpflichtendem Auslandssemester. Regelstudienzeit 10 Semester. Super Sache das!
Socres
super und was bedeutet das jetzt? muss ich nun nochn diplom machen weil ich den master nich gleich machen kann, darf ich gleich doktor werden? alles hokuspokus....

mimimi ich nehm wieder ne kutsche weil mein auto kein sprit mehr hat... no.gif
Dr_NickRiviera
Zitat(Stormi @ 18 Jun 2010, 17:51)
Die Informatiker haben die Schnauze voll und führen ab WS 2010/2011 das Diplom wieder ein*. Inklusive verpflichtendem Auslandssemester. Regelstudienzeit 10 Semester. Super Sache das!
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Man das ist so typisch TU.
Doomsn
Was spricht denn für euch dagegen?

Ein Studiengang mit Abschluss auf Master-Niveau, ohne darauf angewiesen zu sein, dass man nach seinem Bachelorabschluss einen Masterplatz findet. Klingt doch super.

Die Informatiker sind übrigens nicht die einzigen. Die ET-Fakultät macht es ebenfalls (und so wie der Dekan dafür wirbt nehme ich an, das steht auch fest) und wie ich hörte, bastelt die Fakultät für Maschinenwesen ebenfalls daran.
HMK
Im Ingenieurwesen weiß man halt welcher Abschluss der Beste ist. biggrin.gif
ulli
... ich sag mal nichts dazu.
Doomsn
Wozu?
TheNeedle
Zitat(ulli @ 18 Jun 2010, 21:52)
... ich sag mal nichts dazu.
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besser is das...
ulli
Zitat(TheNeedle @ 18 Jun 2010, 23:14)
besser is das...
*


ich sag doch gleich noch was dazu
ageispolis
Zitat(Chris @ 23 Sep 2008, 15:20)
@Stormi:
Du kannst doch nicht erwarten, dass der ganze Staat kapitalistisch denkt und dann plötzlich bei der Bildung eine sozialistische Einstellung haben soll.
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Da ist sie wieder, die Sozialismuskeule. Nächstes Stichwort für Dich zum Wiedereinstieg in die Diskussion: Neiddebatte. Alternativ: Gutmensch. Und tschüss tongue3.gif
Fuchs
Zitat(HMK @ 18 Jun 2010, 21:41)
Im Ingenieurwesen weiß man halt welcher Abschluss der Beste ist. biggrin.gif
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japp! deswegen haben die auch alle den pot besetzt und sind auf die straße demonstrieren gegangen...
aktsizr
Zitat(Stormi @ 18 Jun 2010, 17:51)
Die Informatiker haben die Schnauze voll und führen ab WS 2010/2011 das Diplom wieder ein*. Inklusive verpflichtendem Auslandssemester. Regelstudienzeit 10 Semester. Super Sache das!
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Stimmt. Ich meine bei den IST wird es auch wieder einen Diplomstudiengang geben. Ansonsten werden natürlich Bachelor & Master auch bei den Informatikern erhalten bleiben.
aeon
Zitat(aktsizr @ 28 Jun 2010, 20:48)
Stimmt. Ich meine bei den IST wird es auch wieder einen Diplomstudiengang geben.

Wieder? du meinst "weiter"